Was ist eigentlich WEINQUALITÄT?

Während meines Masterstudiums habe ich mich viel mit Weinqualität beschäftigt. Wie wird Qualität wahrgenommen? Ist sie messbar? Einen kleinen Auszug aus meiner Masterthesis möchte ich euch deshalb nicht vorenthalten. 

 

 

Im täglichen Sprachgebrauch wird der Begriff Qualität unterschiedlich verwendet. Man spricht von ausgezeichneter und schlechter Qualität, von Veränderungen in der Qualität oder gar von einem Qualitätsrückgang. Dabei geht es häufig um die bewertete Gesamtheit der Eigenschaften eines Guts oder dessen Beschaffenheit. So auch die Definition von Qualität im Duden: „Gesamtheit der charakteristischen Eigenschaften (einer Sache, Person); Beschaffenheit“.

 

In der Literatur wird der Begriff Qualität unterschiedlich definiert. Bereits in den frühen 20er Jahren wurden die Begriffe „objektive Qualität“ und „subjektive Qualität“, sowie später auch die „teleologische Qualität“ eingeführt. Unter objektiver Qualität wird die Beschaffenheit eines Objektes, d. h. die Gesamtheit seiner Merkmale und der jeweilige Grad ihrer Ausprägung verstanden (vgl. Linde 1977: S. 6). Nachdem ein Maßstab festgelegt worden ist, sind objektive Qualitäten mess- und vergleichbar und können somit in eine Rangordnung gebracht werden. Dabei wird keine Rücksicht auf die Wertvorstellungen des Verbrauchers genommen (vgl. Szolnoki 2007: 8). Die subjektiven Qualitätsausprägungen gelten in der heutigen Zeit als wesentlich bedeutsamer. Dabei basiert der Begriff auf der Annahme, dass Objekte in erster Linie aufgrund ihrer Fähigkeit zur Bedürfnisbefriedigung wahrgenommen werden (vgl. Riegel 1975: 61ff.). Die subjektive Qualität wird aus Sicht der Individuen erfasst. Je nach persönlichen Vorlieben fallen die Qualitätsurteile unterschiedlich aus.

 

Auch im Lebensmittelbereich spielen die objektive und subjektive Qualität eine Rolle. Produkte müssten verschiedenste Eigenschaften erfüllen. So müssen sie zum Beispiel praktisch sein, umweltfreundlich und/oder gutaussehend. Ausschlaggebend für das erfolgreiche Bestehen am Markt sind dabei nicht nur die Anforderungen bzw. Ansprüche der Verbraucher, sondern auch die der Händler, Hersteller und die der Politik. Dabei setzten sich die Ansprüche an die einzelnen Merkmale eines Lebensmittels aus den physikalischen Parametern (z. B. Gewicht), den chemischen Parametern (z. B. Fett), den mikrobiologischen Parametern, den sensorischen Parametern (z. B. Geschmack) und den ernährungsphysiologischen Parametern (z. B. Vitamine) zusammen, welche durch verschiedenste Rechtsvorschriften und ISO/EN/DIN-Normen etc. definiert worden sind (vgl. Nöhle 2016: 4). Die Erfüllung dieser objektiven Qualitätsmerkmale ist Aufgabe des Lebensmittelherstellers. Bei Nichterfüllung eines der Parameter können Fehler auftreten und das Produkt darf evtl. nicht auf den Markt gebracht werden bzw. wird vom Markt genommen.

 

Der Konsument kennt in der Regel jedoch keine dieser Rechtsvorschriften oder DIN-Normen zur Lebensmittelqualität und beurteilt diese demnach nach anderen Kriterien. Er beurteilt nach subjektiven Eindrücken zu z. B. Geschmack, Gebrauchseigenschaften oder dem Preis (vgl. Nöhle 2016: 4).

Auch bei Wein gibt es verschiedene Parameter zur Qualitätsbeurteilung. Im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln, bei denen die ernährungsphysiologischen Parameter eine bedeutsame Rolle spielen, liegt der Grundnutzen für Wein jedoch eher im Genussaspekt (vgl. UHR 1979: 308). Es lassen sich die beiden Qualitätsseiten (objektive und subjektive Qualität) im Weinsektor feststellen. 

 

 

Die objektive Weinqualität

Um auf dem vielfältigen und heterogenen Weinmarkt eine Gruppeneinteilung in Güteklassen bilden zu können, müssen alle Weine, um als Deutsche Qualitätsweine gelten zu können, im ersten Schritt eine Qualitätsweinprüfung durchlaufen. Weinqualität ist demnach zunächst an objektive und gesetzlich verankerte Vorschriften aus dem Weingesetz gebunden. Dies erfolgt in sogenannten amtlichen Prüfstellen. Jedes der 13 bestimmten Weinanbaugebiete in Deutschland hat mind. eine dafür zuständige Stelle. Beispielsweise hat das Weinanbaugebiet Franken die amtliche Prüfstelle der Regierung von Unterfranken mit Sitz in Würzburg. Dort wurde die erste Prüfung im Januar 1972 durchgeführt (vgl. Regierung von Unterfranken 2015).

 

Die Überprüfung des Weins erfolgt in drei Schritten (rechtliche Prüfung, chemische Prüfung, sensorische Prüfung). Während in der chemischen Prüfung durch eine Analyse untersucht wird, dass keine der Inhaltsstoffe eine festgelegte Grenze unter- bzw. überschreiten, werden in der sensorischen Prüfung die angestellten Weine je nach Weinart, Jahrgang, Qualitätsstufe, Rebsorte und Restzuckergehalt vorsortiert und ohne die Angabe von geografischer und betrieblicher Herkunft von der Prüfungskommission nach dem 5-Punkte-Schema bewertet. Hier wird weitestgehend ausgeschlossen, dass Weine mit optischen und/oder geschmacklichen Fehlern als Qualitätsweine auf den Markt gelangen. Es ist eine Mindestpunktzahl von 1,5 zum Bestehen der Qualitätsweinprüfung nötig (vgl. Regierung von Unterfranken 2015).

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass folgende Punkte nötig sind: 

  1. Das Erzeugnis muss von der Zusammensetzung (Inhaltsstoffe), Aufmachung (z. B. Bocksbeutel) und Bezeichnung (z. B. Geschmacksangaben) den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und die vorgeschriebenen Höchst- bzw. Mindestwerte (z. B. Gesamtschwefelgehalt, Oechslegrade) einhalten (Regierung von Unterfranken 2017).
  2. Darüber hinaus muss das Erzeugnis frei von Fehlern und typisch für die Herkunft, für die Rebsorte und die Prädikatsstufe sein (Regierung von Unterfranken 2017).

Dieses dreistufige System sichert somit eine Mindestqualität innerhalb der einzelnen Güteklassen. Die amtliche Prüfnummer, welche bei Bestehen der Prüfung vergeben wird, muss auf dem Etikett vermerkt sein. Für den Bocksbeutel, sowie den Bocksbeutel PS gelten nochmals gesonderte Qualitätsansprüche. Um Frankenweine in die Bocksbeutel füllen zu dürfen müssen folgende Kriterien erfüllt sein (vgl. GWW 2016: 139):

  • Qualitäts- und Prädikatsweine mit einem Mindestmostgewicht von 72° Oechsle
  • der Hektarhöchstertrag (90hl/ha) darf um höchstens zehn v. H. überschritten werden,
  • Qualitätszahl von mindestens 2,0 Punkte im sensorischen Teil der Qualitätsweinprüfung
  • Welchen Anteil der Bocksbeutel bei der mit fränkischen Qualitäts- und Prädikatsweinen befüllten Flaschen ausmacht wird unter 2.3.5 Flaschenformen und Flaschenfarben in Franken dargestellt. 

 

 

Die subjektive Weinqualität

Während sich bei der objektiven Weinqualität ausschließlich Profis um die Qualitätsbeurteilung kümmern, bewertet die subjektive Qualität der Weinkonsument selbst, ob Profi oder nicht. Dabei kann die Beurteilung durch viele unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. Wie bei jeder Kaufentscheidung findet ein Teil der Qualitätsbeurteilung im Unterbewusstsein statt und wird nicht bewusst wahrgenommen.

 

Göbel zeigte bereits 2003 auf, dass der Qualitätseindruck der Konsumenten keinesfalls nur auf den Geschmack des Weines zurückzuführen ist (vgl. Göbel 2003: 9-10). Er unterteilte die Kriterien in die empfundene Qualität (z. B. Aroma, Süße, Säure etc.), die optische Gestaltung (z. B. Flaschenform, Flaschenfarbe, Etikett etc.) und die Einkaufsempfindung. Bezogen auf die optische Gestaltung belegten Orth, Campana und Malkewitz mit ihrer Untersuchung zur Preiserwartung der Konsumenten bezogen auf die Produktverpackung, den Einfluss der Verpackung auf die Qualitätserwartung. Der Verbraucher assoziiert mit einer für ihn attraktiven Verpackung eine höhere Produktqualität (2010: 33).

Ebenso können manche Veränderungen der Produkteigenschaften zur positiven oder negativen Veränderungen des subjektiven Qualitätsurteils führen. Andere Änderungen von Produkteigenschaften nimmt der Kunde jedoch gar nicht wahr, da diese für ihn irrelevant sind. So z. B. kann eine Veränderung der subjektiven Wahrnehmung eine aufgeklebte Medaillen (z. B. Goldmedaille durch die Fränkische Weinprämierung) auf Weinflaschen herbeiführen, sobald der Weinkonsument dieses Attribut als wichtig empfindet. Findet er das Attribut hingegen unwichtig, wird die Wahrnehmung nicht verändert. Laut einer Untersuchung von Lategan, Pentz und Preez (2017: 1541) durchgeführt in Südafrika, sind Empfehlungen von Auszeichnungen und Medaillen auf dem Etikett eines Weins sogar wichtiger als der Alkoholwert oder die Herkunft des Weins. Vor allem bei jungen Weinkonsumenten.

 

Zugleich hängt die subjektive Qualität von der Verbrauchssituation ab. Man wählt zum Grillen mit Freunden beispielsweise einen anderen Wein als zum Familiendinner an Weihnachten oder gar als Geschenk für den eigenen Firmenchef. Hirche und Bruwer bestätigten dies mit Ihrer Untersuchung „Buying a product for an anticipated consumption situation“. Geht es beim Kauf eines Weines um ein Geschenk, rückt die Bedeutung der Herkunft, das Design des Etiketts und der gesamten Verpackung, sowie Empfehlungen von Experten mehr in den Vordergrund (vgl. Hirche, Bruwer 2014: 315). Zudem steigt der maximale Kaufbetrag.

 

Folglich hängt die Qualitätsbeurteilung von den persönlichen Präferenzen der Produktgestaltung, der Verbrauchssituation, aber auch vom Grad des Weinwissens des Weinkonsumenten ab. So kann es z. B. sein, dass der Gelegenheitstrinker einen Orangewine als fehlerhaft und schlecht empfindet, er für den Weinkenner aber ein echtes Geschmackserlebnis darstellt.

 

 

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Literaturverzeichnis • MasterThesis Julia Christine Schäfer
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